IFA 2022: Eine Materialschlacht

Markus/ September 4, 2022/ Uncategorized

IFA 2022: Endlich wieder eine Tech-Messe in großem Stil und in halbwegs heimatlichen Gefilden (Ich werde in diesem Leben wahrscheinlich nicht mehr davon loskommen, mit Berlin immer ein wenig zu fremdeln). Noch mehr als auf mich scheint allerdings dieses „endlich wieder“ auf so manchen Aussteller zuzutreffen.

Größe zählt auf der IFA 2022

Zunächst fällt auf, dass die Home Appliances, wie Weiße Ware auf Neudeutsch heißt, gefühlt den Löwenanteil der auf der iFA 2022 gezeigten Produkte ausmachen. Klassische Unterhaltungselektronik, heute ja auch eher durch Flachbildfernseher, Soundbars und Multiroom-Systeme repräsentiert, findet statt, ist aber längts nicht mehr so präsent wie Kühlschränke & Co. Die Ausnahmen bilden hier vielleicht noch LG und Panasonic, die jeweils eine komplette Halle nutzen, um ihr Produktportfolio vorzustellen. Überhaupt gilt für die Großen in der Branche: Size matters (Größe zählt). Bosch und Siemens teilen sich das untere Geschoss der Halle 1. Die ist riesig, was dazu führt, dass die rund 100 bis 150 Zuschauer des Auftritts der Back-Influencerin Sally vielleicht gerade mal ein Achtel der Standfläche mit Beschlag belegen. Auch bei Liebherr wird man das Gefühl nicht los, dass der Stand durchaus für deren Baufahrzeuge ausreichen würde, obwohl es hier natürlich nur ums Kühlen und Gefrieren geht. Man kann sich vorstellen, dass ein solcher Stand dann mit großzügigen Laufwegen und ausladenden Präsentationselementen glänzt. Das begegnet dem geneigten Besucher auch bei AEG oder Miele. Nicht kleckern, klotzen heißt es hier durch die Bank. Es ist kaum möglich, zu beurteilen, ob die Auftragsbücher am Ende des Tages diese Gigantomanie rechtfertigen oder manches Unternehmen nach Corona einfach ein deutliches Lebenszeichen setzen will.

Ein Meer aus Versalien und Wortneubildungen

So oder so ist das Ganze für den IFA 2022-Besucher eine Art audiovisueller Overkill. Wortkonstrukte direkt aus der Marketinghölle wie ThinQ, 4D Wash System und unzählige andere würden vielleicht für sich genommen sogar neugierig machen. Aber in der Häufung und Penetranz sind sie vor allem verwirrend und nervig. Zumal man schnell den Überblick verliert, welche dieser hippen Begriffe zu welchem Gerät respektive Unternehmen gehören.

IFA 2022: Wer soll das eigentlich alles kaufen?

Was noch auffällt, ist eine schier unglaubliche Redundanz der ausgestellten Produkte. Gefühlt gibt es 1.000 Akkusauger von 50 verschiedenen Anbietern, bei Herden sieht es kaum anders aus. Eine komplette Halle ist voll mit Anbietern von Luftreinigern und -befeuchtern. Klar ist die IFA eine globale Messe, Aber trotzdem fragt man sich, wo die ganzen Kunden herkommen sollen. Zumal viele Hersteller ja auch den werblichen Fokus auf Ökologie und Nachhaltigkeit legen, mit ihren Produkten aber womöglich eigentlich verfrühte Substitutionskäufe provozieren. Dass sich inzwischen so mancher jedes Jahr einen neuen Fernseher gönnt, mag Panasonic & Co. freuen, ist aber nicht unbedingt nachhaltig. Immerhin hat aber die Giveaway-Kultur deutlich nachgelassen. Die Zeiten, in denen Besucher tütenbepackt mit Prospekten, Kugelschreibern oder Aufblasbällen aus der Messe kamen, scheinen vorbei zu sein. Auch ein Beitrag zur Müllvermeidung.

Smarthome als junges IFA-Thema

Spannend ist, dass auch so mancher Anbieter von Smarthome-Lösungen die IFA für sich entdeckt hat. Smarte Türklingeln, Überwachungskameras, Türschlösser oder Heizungsteuerung werden auch bei uns mehr und mehr ein Massenthema. Hier dreht sich einer Menge um Matter, den kommenden „Smarthome-Standard“, der endlich für Interoperabilität zwischen den verschiedenen Systemen sorgen soll. An der Stelle ist die IFA 2022 dann tatsächlich Fach- und Innovationsmesse.

Fazit

Ich sehe die IFA gerade in diesem Jahr sehr ambivalent. Ich verstehe, dass die Hersteller endlich wieder „die Sau rauslassen“ wollen. Aber vielleicht geht das an der einen oder anderen Stelle übers Ziel hinaus. Vor allem vor dem Hintergrund, dass so mancher Verbraucher in diesem Jahr finanziell vielleicht nicht mehr die großen Sprünge wird machen können. Und selbst, wenn doch: Dann bezahlt er die IFA mit. Denn die Berliner Messe dürfte weder Standfläche noch den auf den Ständen verbrauchten Strom verschenkt haben.

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